Es hätte fette Beute sein können: Der 20-jährige Justin ist bei einem Einkaufsmarkt über eine prall gefüllte Geldbörse gestolpert. Gemeinsam mit seinem Betreuer tat er das richtige und brachte sie zur Polizei.
Für weniger edle Finder hätte es eine große Beute sein können: Beim Zurückbringen von Getränkekisten haben Justin (20) und Sportbetreuer Uwe Braun vom Zentrum für Soziale Psychiatrie (ZSP) in Salzwedel, bei einem Einkaufsmarkt eine schwarze Geldbörse in einem Einkaufswagen gefunden. Darin befand sich nicht nur eine große Menge Bargeld, sondern auch – unvorsichtigerweise – EC-Karten mit Pin-Nummern. „Da gab es nur eine richtige Sache zu tun“, sagt Braun. „Wir sind zur Polizei gegangen.“
Für Justin war dafür aber einiges an Überwindung nötig. Der junge Mann hat nämlich kein leichtes Los gezogen. „Justin hat bislang nur schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht“, sagt Braun. Und trotzdem hat er sich, auch mit der Unterstützung Brauns, dazu überwinden können, zur Polizei zu gehen. Dort haben sie den Beamten erklärt, was passiert ist: Sie wollten die Getränkekisten wegbringen, um das Pfand zurückzubekommen. Dabei haben sie die Geldbörse in einem Einkaufswagen gefunden. Die Salzwedeler Polizisten seien sehr froh gewesen, dass das Fundstück unversehrt abgegeben wurde. Selbst wenn das passiert, ist dann meistens der Inhalt schon weg. Entsprechendes Lob gab es von den Beamten für das vorbildliche Verhalten. „Das ist doch eine Geschichte, die man gut erzählen kann“, freut sich Braun.
Denn Justin habe eine schwere Kindheit gehabt. Das zeige sich auch noch heute in seinem Verhalten. Wenn ein Mensch immer wieder nur kleingemacht wurde, versucht er das im späteren Leben auszugleichen. Die erzählten Geschichten, die angeblich erlebten Dinge, werden immer größer und aufregender. Es muss immer noch einer draufgesetzt und übertrieben werden. Aber in diesem Fall ist das nicht nötig. „Dieses Mal ist es echt“, sagt Braun. Für Justin sei das deshalb eine ganz besondere Situation.
Am Anfang habe er kaum zur Polizei gehen wollen. Aber dann sei es doch nicht so schlimm gewesen, wie er befürchtet hatte. Dann gab es auch noch nicht nur einmal, sondern gleich zweimal Lob für sein Verhalten. Denn die Besitzerin der Brieftasche hatte sich auch noch einmal bei den ehrlichen Findern gemeldet und bedankt. „Sie hat Schokolade und einen Finderlohn vorbeigebracht“, sagt Justin. Die Pralinen hat er nicht alleine gegessen, sondern mit seinen Mitbewohnern geteilt. So hat er nicht nur die Freude über die Belohnung, sondern auch die Schokolade mit, gleich in die ganze Einrichtung tragen können. Und auch die Geschichte, wie er zu der Belohnung gekommen ist, sei bei den Mitbewohnern gut angekommen, bestätigt Braun.
Er freut sich aber nicht nur darüber, dass der junge Mann so eine gute Erfahrung hat machen können. Auch die Reaktion der Besitzerin habe sein Herz erfreut. „Für sie war es ein Horror“, gibt Braun deren erste Reaktion auf das Bemerken des Fehlens der Geldbörse wieder. Aber um so glücklicher sei sie dann gewesen, als sich die Polizei bei ihr mit den guten Nachrichten melden konnte. „Ich bin dankbar für so viel Ehrlichkeit und dass es so eine schöne Einrichtung wie das ZSP in Salzwedel gibt“, zitiert Braun aus ihrem Dankeschönschreiben.